Die Entstehung der Breitachklamm begann vor ca. 10.000 Jahren, als der abschmelzende Breitachgletscher anfing, den Schrattenkalk des Engenkopfes durchzusägen und das Wasser sich langsam seinen Weg in den Stein fraß.
Im Jahre 1905 wurde das Schöpfungswunder von einmaliger Schönheit und Größe auf Anregung des Tiefenbacher Pfarrers Johannes Schiebel zugänglich gemacht.
Heute zieht die Breitachklamm bei Oberstdorf jährlich über 300.000 Besucher in ihren Bann.
Die Entstehung
Die Breitachklamm entstand nach der letzten Eiszeit, etwa vor 25.000 Jahren. Das Klima in Mitteleuropa war sehr kalt. Für die Abkühlung sind „irdische Ursachen“ verantwortlich. Die Verschiebung und Neuanordnung von Kontinenten, Reflektionen der Sonne durch große Eismassen und der Lauf des Golfstromes, der sich verändert hatte, spielten eine große Rolle zur Entstehung der Eiszeit. Im Oberallgäu betrug die Jahresdurchschnittstemperatur -3°C.
Der Illergletscher in den Oberstdorfer Bergen begann zu wachsen und schob seine Gletschereiszunge ins Alpenvorland bis nördlich von Kempten. Der Illergletscher wurde von dem Breitachgletscher versorgt. All das geschah etwa vor 23.000 Jahren. Im heutigen Kleinwalsertal lagen bis zu 700 Meter dicke Eismassen, nur die höchsten Berge ragten aus dem Eis heraus. Vor etwa 15.000 Jahren begann es wärmer zu werden. Die Durchschnittstemperaturen stiegen an, die Gletscher begannen zu schmelzen und zu verschwinden. Eisfrei waren die Gebiete des Kleinwalsertals und Tiefenbach vor etwa 11.000 Jahren. Der Breitachgletscher hinterließ im Walsertal ein tief ausgehobeltes Hochtal. Das Schmelzwasser der jungen Breitach begann sich immer tiefer in den Talboden einzufressen. Durch die Schrattenkalkfelsen entwickelte sich ein diagonal verlaufender Riss, weil das Gewicht des Eises zu stark für den Kalkstein war. Durch diesen Riss fand die Breitach einen Weg bis in den 90 Meter tiefer gelegenen Talgrund in Tiefenbach, die Oib. Durch Geröll, Strudellöcher, Wasserwirbel und Sand beschleunigte sich die Aushöhlung der Gesteine. Das Wasser spülte die weichen Mergelschichten weg. Eine fast 100 Meter tiefe Klamm entstand nach 10.000 Jahren durch das Einfräsen der Wassermengen. Die Klamm ist 1.600 Meter lang und an dem sogenannten „Zwing“ nur zwei Meter breit.
Die Erschließung
Der „hohe Zwinck“ wurde erstmals 1492 in einer Grenzbeschreibung des Grafen Haug von Montfort aus Immenstadt erwähnt. Zur Abwehr der Schweden baute man oberhalb der Breitachklamm viele Schanzen. Der Graf von Königsegg-Rothenfels erlaubte den Walsern, „eine gut gelegen Schanz“ oberhalb des Zwings zu bauen - der erste Zwingsteg entstand.
Der Zwingsteg wurde immer wieder erneuert. Bauern, Jäger, Holzfäller und Wilderer benutzen den Steg. Vor allem bei Händlern war die Brücke sehr attraktiv, da sie sich ungehindert am Zollamt an der Walserschanz vorbei schmuggeln konnten.
Der Zwing war für die Menschen von damals Angst einflößend, man sprach von Gespenstern unten in der Breitacklamm. Immer wieder gab es Erzählungen über einen verborgenen Schatz. Die „Tuiffenacher“ beschäftigten sich Jahrhunderte lang mit dem Mythos Klamm. Dr. Hans Moldmayer berichtete in seinem Reiseführer 1890 über den Zwingsteg: „Man traut sich kaum, den Steg zu betreten. So schauerlich klingt das Getöse des Wassers. Man glaubt, da unten das entsetzliche Gebrüll eines Zerberus zu hören.“
Da die Klamm nur vom Walsertal aus eingesehen werden konnte, entwickelte Pfarrer Johannes Schiebel aus Tiefenbach 1901 die Idee einer Erschließung der Breitachklamm. Johannes Schiebel wollte neue Arbeitsplätze in seiner Gemeinde schaffen, um so die ärmlichen Lebensverhältnisse der Menschen zu verbessern. Der Verschönerungsverein Oberstdorf befasste sich mit dem Projekt, das wegen der enormen technischen Probleme zunächst zu scheitern drohte. Aber der Pfarrer gab nicht auf. Er nahm die Erschließung selbst in die Hand - er hatte nämlich schon Erfahrung mit der Erschließung von Höhlen. Der Zwing war aber auch für ihn eine neue Herausforderung.
Mit anderen Tiefenbacher Bürgern machte sich der Pfarrer auf die Suche nach Wegen ins Innere der Klamm und ließ sich von seinen Mitstreitern in die Klamm abseilen. Man kam schnell zu der Überzeugung, dass die Klamm erschlossen werden soll - koste es, was es wolle. Die Idee fand Fürsprecher und Gegner. Vor allem bei den Besitzern der anliegenden Grundstücke, die sich nur zögernd für das Projekt begeistern ließen. Für die Erschließung der Klamm brauchte man vor allem eins: Geld. Deshalb wurde 1904 der Breitachklammverein gegründet und die Bürger konnten Geschäftsanteile zu je 500 Goldmark kaufen - beschränkt auf zehn Anteile pro Anleger. Auch Frauen durften Geschäftsanteile erwerben. Hundert Anteile wurden herausgegeben. Die Genossenschaft bestand nach der Gründung schließlich aus 72 Mitgliedern. Der Vertrag beinhaltet 70 Paragraphen.
Fertigstellung und Eröffnung
Die Firma Franz Xaver Ammann aus Sonthofen übernahm die Planung und Gestaltung des Weges. Ziel von Ingenieur Ammann war, von der Natur geschaffene gutgelegene Passagen für die Erschließung zu nutzen. Er teilte den Weg in 16 Abschnitte ein. Zur Sicherheit sollten anfangs alle losen Steine abgeschlagen werden. Die Höhe des Weges sollte mindestens fünf Meter über dem Wasser liegen und die Stufen zum Zwing sollten in das Gestein eingeschlagen werden. Und schon stellte sich den Planern von damals das nächste Problem. Sie fanden nämlich zunächst kein Bauunternehmen, das sich zutraute, den Weg in die Klamm zu bauen. Am 19. März 1904 stellte sich ein Bauunternehmen aus Italien, Südtirol vor. Der Bauunternehmer Johann Lucian aus Primeriero am Rollpass gab sein Angebot von 16.302 Mark ab. Es wurde beschlossen, dass die Tiroler den Weg bauen, und dass die Geländer aber von einer anderen Firma geliefert werden sollten. Am 25. Juli 1904 wurde die erste Sprengung vorgenommen. Ein Trupp von 20 Männern arbeitete in Rekordzeit am Weg in die Klamm. Knapp ein Jahr später, am 04. Juni 1905, wurde die Klamm freigegeben und offiziell eröffnet. Pfarrer Johannes Schiebel schrieb damals in seinem Tagebuch: „Das große Werk ist vollbracht, die Felskammern des wilden Zwing sind aufgebrochen. Mit Gottes Hilfe ging die sehr gefährliche Arbeit ohne jeden Unfall ab.“
Mit seinen knapp 190 Fotoaufnahmen zeigt der Oberstdorfer Franz Hieble in seinem Bildband durch die ergänzenden Texte einen wissenswerten Einblick in die Geologie sowie die Entstehung und Erschließung des Naturerlebnis Breitachklamm. Das Buch kann zum Preis von 19,90 € sowohl in der Fachhandlung als auch im Eingangsgebäude der Breitachklamm sowie im nebenstehenden Kiosk in Tiefenbach erworben werden.