Hinter den Kulissen
Die Breitachklamm gehört zu den bedeutendsten Naturschauspielen im Allgäu. Doch damit sie für Besucher zugänglich ist, sind umfassende und auch gefährliche Maßnahmen notwendig.
Betriebsleiter Dominik Fritz und Vorsitzender Franz Rietzler über die nicht immer einfache Aufgabe, ein solches Naturwunder für die Öffentlichkeit zu erhalten.
Es ist ein warmer Sommertag. Die ersten Besucher fahren auf den Parkplatz der Breitachklamm. Trotz der Einschränkungen und dem „Einbahnverkehr“ wird an der Statusanzeige an der B19 bald „belegt“ stehen. Wie so oft ist auch Franz Rietzler vor Ort. Der Vorstand des Breitachklammvereins kennt die Schlucht wie kaum ein anderer. Schon als Kind begleitete er seinen Vater, der hier lange technischer Leiter war, regelmäßig. „Wir Buben mussten da schon mit anpacken“, erinnert er sich. Mit Kübeln hätten sie den Sand aus der Breitach in die Klamm gezogen, damals sei noch kein Hubschrauber mit Beton gekommen.
Das Wissen Franz Rietzlers ist besonders im Frühjahr vor der Sommeröffnung gefragt. Das bestätigt auch Betriebsleiter Dominik Fritz: „Den Besuchern ist meist gar nicht bewusst, wieviel Vorarbeit zu leisten ist, bevor die Klamm begehbar ist.“ Und dabei brauche es die Erfahrung eines echten Kenners der Klamm. Gerade im Winter bei Schnee und Eis. Dann besteht durch die Temperaturwechsel die größte Gefahr von sich lösenden Felsbrocken. Wann die gefährliche Zeit losgeht erkennt Franz Rietzler daran, „dass das Eis milchig wird und es zu tropfen anfängt.“ Gerade jetzt oder auch in kritischen Phasen, wie bei anhaltenden Regenfällen, ist der Vorsitzende mit Rat und Tat zur Stelle. „Leider verstehen viele Gäste die Notwendigkeit einer Schließung bei einer Gefährdung der Sicherheit nicht“, weiß Rietzler aus Erfahrung.
Zeit für Profi-Kletterer
Für die Felsberäumung holt sich die Breitachklamm professionelle Unterstützung. Darum sind nun Marc Segger und sein Team von der IKA (Industrieklettern Allgäu) gefragt. Die Industriekletterer sind zur Stelle, wenn es um Arbeiten in luftigen Höhen und steilem Gelände geht. Nachdem ein Geologe zunächst seine Einschätzung abgegeben hat, heißt es für die Kletterer an den 100 Meter hohen Felswänden kontrollieren, sichern und entfernen. Bereits seit zwei Jahren besteht diese Kooperation. Die Kosten für den Einsatz der Industriekletterer belaufen sich im Jahr auf einen mittleren fünfstelligen Betrag. „Doch das muss uns die Sicherheit einfach wert sein“, sagt Fritz. Zehn Mann arbeiten dann zwei Wochen in der Klamm und räumen von den steilen Felswänden die losen oder abrissgefährdeten Brocken ab. „Doch danach geht für uns die Arbeit erst richtig los“, erläutert Rietzler, „denn die abgeworfenen Steine und Felsen beschädigen durch den Aufschlag die Wege und Brücken.“ Von Hand würden diese von den Mitarbeitern aus der Klamm geräumt, nur ein Kettenzug diene als Hilfsmittel.
Allein die Reparatur und Erneuerung von Brücken kostet die Breitachklamm jedes Jahr mehrere hundertausend Euro. Um auch hier die größtmögliche Sicherheit zu gewähren wird für den Bau neuer Brücken die Firma HTB aus Tirol eingesetzt. Kleinere Wartungsarbeiten und Ausbesserungen machen die eigenen Leute. Rund 400 bis 500 Meter neue Schienen und Stützen werden jedes Jahr von dem sechsköpfigen Team verbaut. Mit dem Hubschrauber wird das nötige Material und Beton für die Ausbesserungsarbeiten angeliefert.
Einsatz auch im Ruhestand
Rund vier Wochen verbringt Franz Rietzler in der Zeit nach der Schneeschmelze in der Breitachklamm – obwohl er theoretisch schon im Ruhestand sei, wie Dominik Fritz lachend versichert. Er ist nun seit dreieinhalb Jahren als Betriebsleiter für die Breitachklamm verantwortlich. Ein Posten, der laut Rietzler dringend erforderlich war. „Denn die Arbeiten wurden immer vielfältiger“. Dokumentationen, Hygienemaßnahmen, Arbeitssicherheit, Projektentwicklung, Parkplatz, Personal – allein durch staatliche Auflagen gibt es hier immer mehr Aufgaben zu bewältigen.
Auch nach der Öffnung im Frühjahr sind tägliche Kontrollgänge an der Tagesordnung, zudem erfolgt eine regelmäßige Überprüfung der Felsen durch den Geologen. In der Klamm angebrachte sogenannte Spione sorgen darüber hinaus für eine ständige Überwachung. Sobald ein Riss oder ein lockerer Fels entdeckt wird, kommen die Industriekletterer zur Entfernung. Diese ständigen Überprüfungen und Instandsetzungen sind für Dominik Fritz und Franz Rietzler jedoch unabdingbar: „Die Sicherheit unserer Besucher hat einfach höchste Priorität“. Egal, zu welchem Preis.
Text: Susanne Pinn (Oberstdorfer Markreport)